Die brutale Wahrheit über die DDR
Sieben Seiten, akkurat getippt mit Schreibmaschine.
Ein Dokument der abgrundtiefen Schande, wie es nach der entsetzlichen Nazizeit in Deutschland nicht mehr für vorstellbar gehalten wurde.
DER SCHIESSBEFEHL DER DDR!
Wer unter der SED-Diktatur über die „innerdeutsche Grenze“ in die Freiheit fliehen wollte, war zum Töten freigegeben! Männer, Frauen, Kinder!
Das Dokument ist in die scheinheilige Form eines „Auftrags“ gekleidet. Er musste Anfang der 70er-Jahre von den Angehörigen einer speziellen Einheit der Stasi „zur Kenntnis genommen“ und per Unterschrift quittiert werden.
Die Einsatzkompanie der Stasi-Hauptabteilung I bildete „Hauptamtliche inoffizielle Mitarbeiter im besonderen Einsatz“ (HIME) aus. Die Zahl dieser „Mitarbeiter“ wird auf 60 bis 70 geschätzt. Sie taten wie normale NVA-Soldaten an der Grenze Dienst und wurden von der Stasi bezahlt. Sie sollten auch verhindern, dass diese Soldaten die Nähe zur Grenze nutzten, um zu fliehen. 1985 wurde die Truppe aufgelöst.
Warum wurde das Dokument erst jetzt bekannt?
Die von der Berliner Birthler-Behörde (Stasi-Archiv, früher: Gauck-Behörde) verwalteten Stasi-Unterlagen umfassen über 100000 Akten, gestapelt auf 180 laufenden Kilometern Regalen.
Die Behörde hat 2025 Mitarbeiter und 14 Außenstellen. In der Außenstelle Magdeburg hatte die „Magdeburger Volksstimme“ bei der Nachforschung über Fluchtversuche das Dokument mit Hilfe von Jörg Stoye (44), Leiter der Außenstelle Magdeburg, entdeckt. Ein Zufallsfund.
Ein Dokument gleichen Inhalts war 1997 in einer wissenschaftlichen Publikation veröffentlicht worden, aber weitgehend unbekannt geblieben. Andreas Schulze, Sprecher der Birthler-Behörde: „Das nimmt dem jetzt gefundenen Dokument aber nichts von seiner Brutalität.“
Von wem könnte der Schießbefehl stammen?
Stoye zu BILD: „Das Dokument ist konspirativ gehalten. Es ist also nicht zu erkennen, wer diesen Befehl gegeben hat.“
Nach BILD-Informationen soll es von Generalleutnant Karl Kleinjung († 2003) stammen, Chef der Hauptabteilung I des Stasi-Ministeriums. Stasi-Boss Mielke war mit Sicherheit eingeweiht.
Was sagt die Justiz?
Oberstaatsanwältin Silvia Niemann (53), Sprecherin der Magdeburger Staatsanwaltschaft zu BILD: „Natürlich werden wir uns die Sache ansehen und prüfen, ob es Ansätze für ein Ermittlungsverfahren gibt.“
Egon Krenz, letzter Staatschef der DDR, streitet unterdessen weiter ab, dass es einen Schießbefehl an der innerdeutschen Grenze gab.
Krenz gestern zu BILD: „Es hat einen Tötungsbefehl oder – wie Sie es nennen – Schießbefehl, nicht gegeben. Das weiß ich nicht aus Akten, das weiß ich aus eigenem Erleben. So ein Befehl hätte den Gesetzen der DDR auch widersprochen.“
Der CDU-Politiker Arnold Vaatz fordert neue Ermittlungen zu den Grenzmorden. Er sagte der „Berliner Zeitung“, dass der aufgetauchte schriftliche Befehl ist nichts anderes als ein Befehl zum Mord gewesen sei. Da gebe es keine Verjährung.“
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